Die Europäische Kommission prüft derzeit einen Vorschlag, den Schutz für Grauwölfe gemäß der Berner Konvention zu lockern, was eine verstärkte Jagd auf die Art ermöglichen könnte. Diese mögliche Politikänderung hat eine hitzige Debatte ausgelöst, da sie zu einem Zeitpunkt kommt, an dem die Grauwolf-Population in Europa eine bedeutende Erholung erlebt hat, die von etwa 11.000 im Jahr 2012 auf heute über 20.000 angestiegen ist. Die Rückkehr der Wölfe nach Europa ist größtenteils auf Naturschutzbemühungen und EU-Politiken zurückzuführen, nachdem die Art Mitte des 20. Jahrhunderts fast ausgestorben war.
Die Kontroverse dreht sich um die Bedenken der Landwirte, die argumentieren, dass die aktuellen Maßnahmen zum Schutz des Viehs, wie Elektrozäune und Herdenschutzhunde, nicht ausreichen, um Wolfangriffe zu verhindern. Trotz Entschädigungsprogrammen behaupten sie, dass diese Verluste zu einer immer größeren Belastung werden.
Auf der anderen Seite lehnen Umweltschützer den Vorschlag vehement ab und betonen die entscheidende ökologische Rolle, die Wölfe spielen. Sie argumentieren, dass Wölfe für die Aufrechterhaltung der Biodiversität unerlässlich sind, indem sie die Bestände von Wildschweinen und Rehen kontrollieren, die Ernten und Wälder schädigen können, und die Ausbreitung von Krankheiten durch das Jagen kranker Tiere begrenzen. Naturschützer argumentieren auch, dass effektive nicht-letale Schutzmaßnahmen, wie der Einsatz von ausgebildeten Schutzhunden, effektiver sein könnten als das Töten von Wölfen.
Ein Bericht der EU aus dem Jahr 2023 widerlegt die Behauptungen über signifikante Schäden und zeigt, dass Wölfe nur etwa 50.000 Schafe und Ziegen von insgesamt 68 Millionen jährlich in Europa töten, was nur 0,065 % des gesamten Viehbestands ausmacht. Der Bericht stellt außerdem fest, dass es in den letzten 40 Jahren keine tödlichen Wolfangriffe auf Menschen gegeben hat.
Der Vorschlag, die Wölfe von Anhang II (streng geschützt) auf Anhang III (geschützt) der Berner Konvention zu verschieben, würde das derzeitige Schutzniveau verringern und den Weg für mehr Jagd ebnen. Während die Bedenken der Landwirte hinsichtlich Viehverluste berechtigt sind, betonen Naturschützer, dass die langfristigen Vorteile der Aufrechterhaltung von Wolfsbeständen die kurzfristigen Herausforderungen für die Landwirtschaft überwiegen.
Diese Debatte wirft wichtige Fragen auf, wie man landwirtschaftliche Interessen mit dem Naturschutz in Einklang bringen kann. Es wird entscheidend sein, eine Lösung zu finden, die sowohl die Biodiversität als auch den Lebensunterhalt der Landwirte bewahrt.